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Sexualverbrechen - Rückgang Verurteilungen

Hallo Ihr Lieben!

 

Lügen haben kurze Beine u. können eine Menge Unheil anrichten.

 

Mangelende Strafverfolgung bei Vergewaltigungen u. Falschbeschuldigungen. Immer wieder tauchen beide Themen zugleich auf, wenn es um Sexualdelikte an Frauen geht.

 

Während Frauen sich empören über das Unrecht der Nichtverurteilung von Vergewaltigern, regen sich Männer über die scheinbar so hohe Zahl der Falschbeschuldigungen auf.

 

Doch dazu später mehr.

Erst einmal einige Fakten zur Situation in Deutschland.

 

Rückgang der Verurteilungen:

https://www.frauenrechte.de/unsere-arbeit/themen/haeusliche-und-sexualisierte-gewalt/aktuelles/1506-neue-zahlen-belegen-einen-dramatischen-rueckgang-von-verurteilungen-nach-einer-vergewaltigung

 

Das tägliche Ausmaß der Gewalt an Frauen:

https://www.emma.de/artikel/gewalt-47504-anrufe-beim-hilfetelefon-316729

 

Jetzt möchte ich zu den sogenannten „Falschbeschuldigungen“ kommen. Sobald Zahlen veröffentlicht werden, wie viele Frauen sexuelle Gewalt durch Männer erleiden tauchen auf einmal Stimmen auf - vorwiegend von „Männerrechtlern" - die behaupten, dass die Hälfte, wenn nicht mehr, der Anzeigen wegen Vergewaltigung „falsch“ seien.

 

Falsch in dem Sinne, dass hier rachsüchtige Frauen am Werke seien u. noch viel schlimmer, gar drohe dem Männergeschlecht demnächst unschuldig im Knast zu landen, weil die Ex-Frauen/Partnerinnen das Kriegsbeil ausgegraben hätten u. Männern aus Rachlust eine Vergewaltigung oder sonstige sexuelle Gewalttaten zur Last legen würden.

 

Leider stürzen sich die Medien nur all zu gerne auf solche perfiden Behauptungen:

https://frauengegensexuellegewalt.wordpress.com/2013/09/21/falschbeschuldigung-bitte-10-000-mal-verbreiten-nein-100-000-mal-mit-schlagzeile/

 

 

(http://www.taz.de/!108850/) Der eigentliche Link geht nicht mehr.

 

https://taz.de/Rape-Culture/!5075574/

(Opfern wird generell misstraut)

 

Doch wie kommt es überhaupt dazu, dass hier erstaunlicherweise als „Beleg" für z.B. 50% Falschbeschuldigungen von Frauen die Polizei als Quelle genannt wird?

 

Es wird bei diesen Zahlen immer wieder auf eine Untersuchung des Bayerischen Kriminalamtes verwiesen. Was genau besagt denn diese Studie?

 

(http://www.taz.de/!73501/) - Dieser eigentliche Link geht nicht mehr.

 

https://taz.de/Debatte-Antifeminismus/!5117548/

(Feindbild der rachsüchtigen Lügnerin)

 

Auszug:

So berufen sich manche "Männerrechtler" auf eine Untersuchung des Bayerischen Landeskriminalamts von 2005. Diese gibt für das Jahr 2000 für Bayern einen Anteil von 7,4 Prozent falschen Verdächtigungen an allen Anzeigen wegen Vergewaltigung an.

 

Doch ein Kommissariatsleiter wird gern zitiert. Er sagte: "Alle Sachbearbeiter von Sexualdelikten sind sich einig, dass deutlich mehr als die Hälfte der angezeigten Sexualstraftaten vorgetäuscht werden. Viele angezeigte Fälle lassen zwar die Vermutung einer Vortäuschung bzw. falschen Verdächtigung zu, berechtigen jedoch nicht zu einer entsprechenden Anzeige."

 

Diese persönliche Einschätzung eines einzelnen Beamten wird nun von interessierter Seite aus der Studie herausgepickt, um die eigentlichen Forschungsergebnisse beiseitezuschieben. Sie wird zum Grundpfeiler des antifeministischen Credos von der männerverfolgenden Lügnerin vor Gericht.“

 

Und weiter heißt es dort:

Obwohl die Studie genau das Gegenteil belegt, zitiert Hoffmann selektiv diese eine Äußerung, "dass deutlich mehr als die Hälfte der angezeigten Sexualstraftaten vorgetäuscht" würde, um zu dem Schluss zu kommen: "Von einer hohen Zahl an Falschbeschuldigungen geht auch die Untersuchung ,Vergewaltigung und sexuelle Nötigung in Bayern', herausgegeben im Jahr 2005 vom Bayrischen Landeskriminalamt, aus."

 

Woher rührt dieses brennende Interesse von Antifeministen, die zu solchen Zahlenspielen greifen, ein neues Bild von "Opfermännern" zu zeichnen?

 

Aus 7,4% Falschbeschuldigungen aller Anzeigen in Bayern wegen Vergewaltigung in 2005 wurden also, dank der sexistischen Aussage eines Kriminalbeamten mal eben 50% bundesweit gebastelt. Das ist nicht nur eine Lüge, sondern frauenfeindlich u. opferschädigend.

 

Trotzdem wird diese gefälschte Zahl sofort wieder verwendet, sobald Statistiken über die Anzahl der Betroffenen/Opfer von Vergewaltigungen veröffentlicht werden.

 

Zum Thema selber möchte ich euch nun ein Interview mit Professorin Dr. Ulrike Lembke vorstellen, die eine Koryphäe ist auf dem Gebiet Strafrecht bei sexualisierter Gewalt:

https://missy-magazine.de/blog/2011/09/23/der-derzeitige-zustand-ist-nicht-hinnehmbar-interview-zum-umgang-des-strafrechts-mit-sexualisierter-gewalt/

 

Auszug:

Die Falschanzeigenquote bei Sexualdelikten liegt nach der jüngsten, rechtsvergleichenden Studie übrigens bei 3%. Ältere Studien ganz unterschiedlicher Herkunft gehen von Größenordnungen zwischen 2% und 8% aus. Dem stehen Vorstellungen der Angehörigen der beteiligten Strafverfolgungsorgane gegenüber, die in Einzelfällen von Quoten um 50% oder mehr ausgehen. Solche Falschvorstellungen in den beteiligten Professionen sind ein massives Hindernis für eine effektive Strafverfolgung und schädigen die Opfer. Es ist nicht zielführend, Rechtsstaat und Opferschutz gegeneinander auszuspielen; der Opferschutz ist ebenso vom Rechtsstaat gefordert wie die Unschuldsvermutung.

 

Zu den o.g. Zahlen hier die Quellenangaben: 3 % Falschanzeigen finden sich bei bei: Liz Kelly/Jo Lovett , Different Systems, Similar Outcomes/ Tracking Attrition in Reported Rape Cases Across Europe, 2009, S. 60 (3 % für Deutschland, in zehn anderen Ländern beträgt der Anteil zwischen 1% und 9%). Zu den älteren Untersuchungen für Deutschland (1985 bis 2005), welche von Falschbeschuldigungsquoten zwischen 2% und 8% ausgehen, die einzelnen Nachweise für diese Studien finden sich bei bei Helmut Tausendteufel/Gabriele Bindel-Kögel/Wolfgang Kühnel / Deliktunspezifische Mehrfachtäter als Zielgruppe von Ermittlungen im Bereich der sexuellen Gewaltdelikte, 2006, S. 56.)

 

Noch mehr von Prof. Dr. Ulrike Lembke findet ihr auch hier:

http://frauengegensexuellegewalt.wordpress.com/2012/11/03/lembke-geschlechter%C2%ADstereo%C2%ADtype-sexualitatsmythen-und-opferbeschuldigendes-alltagswissen-bei-der-straf%C2%ADver%C2%ADfol%C2%ADgung-von-sexualdelikten/

 

Vortrag "Geschlechterstereotype, Sexualitätsmythen und opferbeschuldigendes Alltagswissen bei der Strafverfolgung von Sexualdelikten"

 

Grundsätzlich wird deutlich, dass die überwiegende Straflosigkeit bei sexueller Gewalt an Frauen sehr viel mit den Vorstellungen u. Mythen in den Köpfen aller u. besonders des Justizsystems zu tun hat.

 

Die sexuelle Selbstbestimmung von Frauen scheint immer wieder in Frage gestellt zu werden. Rollenklischees u. Vergewaltigungsmythen verhindern Gerechtigkeit im Strafverfahren.

 

Das ist nicht nur skandalös, es ist ein Armutszeugnis unserer Justiz.

 

Wer noch mehr Infos möchte:

https://www.emma.de/artikel/vergewaltigung-das-straflose-verbrechen-265244

https://www.emma.de/artikel/das-schweigen-brechen-ich-habe-nicht-angezeigt-weil-265920

https://www.emma.de/artikel/richter-muessen-sich-fortbilden-265279

https://www.emma.de/artikel/n24-vergewaltigung-macht-und-ohnmacht-317435

 

Zu den Vergewaltigungsmythen:

https://www.theeuropean.de/daniela-oerter/5860-vergewaltigungsmythen-und-die-konsequenzen

https://frauengegensexuellegewalt.wordpress.com/2012/12/10/vergewaltigungsmythen-unter-frauen/

 

Zu guter Letzt möchte ich erneut auf die Seite der „Initiative für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt“ hinweisen:

https://ifgbsg.org/uber-uns/

 

Euch nun noch eine gute Woche

u. liebe Grüße

Violine