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Brief einer Ex-Prostituierten

Hallo Ihr Lieben!

 

Es gibt einen Brief - von einer Ex-Prostituierten.

Weil der so viel zu sagen hat, will ich ihn fast komplett

hier veröffentlichen.

 

Dank der EMMA gibt es einen Link:

https://www.emma.de/artikel/ich-habe-die-schnauze-voll-von-euch-318081

 

Auszüge:

Nachdem sie ein Interview mit der Prostitutions-Lobbyistin Stephanie Klee gelesen hatte, hat es ihr gereicht. Huschke Mau, Aussteigerin aus der Prostitution, antwortet. „Ich bin eine von den vielbeschworenen ‚freiwilligen‘ Prostituierten“, schreibt sie. „Und ich habe die Schnauze voll von euch Prostitutionsbefürworterinnen!“.

 

Liebe Stephanie Klee,

 

ich nehme Bezug auf das Interview, dass das Stadtmagazin Zitty Berlin mit Dir geführt hat und ich möchte mich zunächst bei Dir dafür bedanken, dass Du es gegeben hast. Denn hätte ich es nicht gelesen, würde ich immer noch schweigen. Zunächst mal: Ich darf Dich doch duzen? Wo wir doch sozusagen Kolleginnen sind. Denn ja, auch ich kenne die Prostitution gut, ich habe zehn Jahre in ihr verbracht.

 

Weißt Du, ich finde Deine Aussagen über die Prostitution ganz bemerkenswert. Mich wundert nur ein bisschen, dass Du vergessen hast, einige – mir doch recht wichtig erscheinende Dinge – zu erwähnen.

 

Zunächst einmal hast Du vergessen, die grundsätzliche Frage zu stellen, ob es der Prostitution überhaupt bedarf. Es ist schön, dass Du wenigstens nicht das alte, abgenudelte Pseudoargument verwendest, ohne Bordelle triebe es die Vergewaltigungsrate hoch (was ja bedeutet, Männer können ihre Triebe nicht kontrollieren, und kämen sie nicht zum Stich, könnten sie ja nicht anders als zu vergewaltigen).

 

Ich möchte Dich gerne fragen, in welchem Prostitutionsmilieu Du so lebst, wenn Du nicht mitbekommen hast, dass die „Spielarten“ von „Sexualität“, sprich die „Wünsche“ der Freier immer gewalttätiger werden und immer mehr auf Demütigung abzielen.

 

Und nein, Stephanie, der Freier vergisst dieses Machtgefühl, das er sich gekauft hat, nicht. Er vergisst nicht, dass Frauen verfügbar sind, dass er sie sich nehmen kann, dass sie dazu da sind, seine Wünsche zu erfüllen, dass sie ihre Sexualität und Seele beim Akt wegmachen und keine Bedürfnisse/Grenzen/Wünsche haben dürfen. Oh nein. Er nimmt dieses Gefühl, dass Sex für ihn mit Macht gleichsetzt, mit raus aus dem Bordell und es wirkt sich auf seinen Umgang mit sich nichtprostituierenden Frauen aus. Prostitution ist Gewalt. Eine Männerbefriedigungsmaschine."

 

Und weiter aus dem Brief von Huschke Mau:

"Tu nicht so, als hättest Du nie Freiergewalt erlebt, und erzähl nicht die Mär vom lieben, netten Kunden, der nur kuscheln will und Deine Grenzen immer achtet. Deutschland hat Prostitution legalisiert, und zu was hat das geführt? Zu noch mehr Prostitution und vor allem: zu immer krasserer Nachfrage. Und damit meine ich nicht nur, dass es immer mehr Freier gibt, weil Männer lernen, dass es okay ist, sich Frauen zu kaufen. (Ja, ich höre schon das Pseudoargument, der Freier kaufe ja keine Frau, sondern eine „Dienstleistung“, was für ein Unsinn! Kannst Du Deine Muschi, Deinen Arsch, Deine Brüste, Deinen Mund und das, was Du damit machst, von Dir abkoppeln? Berührt wird immer der ganze Mensch.)

 

Wie schaffst Du es zu übersehen, dass mittlerweile in jeder Stadt mehrere Großbordelle stehen, in denen fast nur Frauen arbeiten, die kaum oder wenig Deutsch sprechen, die von ihren „Beschützern“ morgens hingebracht und abends abgeholt werden und die Praktiken anbieten, die weh tun und gesundheitsgefährdend sind? Steh‘n die da drauf oder wie? Alles Masochistinnen? Und Du schreibst, für diese Frauen (aus Rumänien, aus Bulgarien) sei Prostitution eine tolle Alternative? Du findest, Prostitution ist eine tolle Alternative zu Armut?

 

Du stellst es geradeweg so dar, als wollten Frauen sich im Gewerbe ausleben. Liebe Stephanie, ich bin eine von den vielbeschworenen „freiwilligen“ Prostituierten. Mit 18 habe ich angefangen, nachdem ich 17 Jahre lang von meinem Stiefvater verprügelt und sexuell missbraucht worden und von Zuhause abgehauen bin. Ich dachte, ich kann nur das, ich bin nur zum Ficken gut. Und wenn ich eh nur dafür gut bin, dann ist das jetzt meine Lebensversicherung, die mir mein Überleben ermöglicht.

 

Am Anfang dachte ich noch, ich hätte Macht. Schau da, sie zahlen sogar für Dich. Ich habe mit Hilfe der Prostitution den Zugang zu meinem Körper reguliert. Gelernt habe ich: Über Dich dürfen eh alle drüber

 

Ich bin da nicht die einzige. Ich habe keine einzige Prostituierte erlebt, die nicht, als Kind oder als Erwachsene, sexuell missbraucht/vergewaltigt worden wäre oder anderweitig sexualisierte Gewalt erlebt hätte. Und ich wage die steile These, dass unsere Gesellschaft den massenhaften Missbrauch junger Mädchen deswegen nicht konsequent verfolgt, weil er ihr nutzt. Missbrauch ist wie frühes Einreiten. Das ist praktisch, denn durch Missbrauch lernen Frauen/Mädchen zu dissoziieren, sich wegzumachen dabei. Nicht da zu sein (und das ist genau das, wofür der Freier zahlt – dafür, dass der Wille der Frau in dem Moment nicht da ist, denn er hat ihn wegbezahlt)."

 

Huschke Mau schreibt weiter:

"Der Zusammenhang zwischen sexuellem Missbrauch und Prostitution ist längst belegt, mindestens 60 Prozent (andere Statistiken sprechen von bis zu 90 Prozent) aller weiblichen Prostituierten wurden als Kind sexuell missbraucht.

 

Ich bin eine von denen, die sich prostituiert haben, als Prostitution in Deutschland längst nicht mehr sittenwidrig war. Soll ich Dir sagen, zu was das geführt hat? Ich habe mich, wie der Großteil aller Prostituierten, nicht als solche angemeldet, weil ich Angst hatte, dann nicht mehr aussteigen zu können. Weil ich Angst hatte, gefragt zu werden, warum ich nicht mehr als Prostituierte arbeiten will, wo das doch ein Beruf wie jeder andere sei. Und genau das ist passiert, als ich aussteigen wollte. Ich habe auf dem Gesundheitsamt Hilfe gesucht und erntete Unverständnis. Und kam nicht raus.

 

Du vergisst auch den Drogen- und Alkoholkonsum, der im Gewerbe unter Prostituierten herrscht, Stephanie. (Warum wohl? Wenn doch alles so toll ist? Aber anscheinend ist es eine einzige große Party, eine Orgie, da gehört das dazu, zum Sichausleben, ah?) Du vergisst so vieles. Du vergisst Zwangsprostitution, Freiergewalt, Zuhältergewalt (ach, die heißen ja jetzt nicht mehr Zuhälter, sondern „Partner“, „Security“, „Vermieter“). Du vergisst den Frauenhass, den Selbsthass. Du vergisst, dass Vermieter, Bordellbetreiber, Zeitungen (ja, solche Anzeigen in denen Prostituierte sich bewerben sind extrem teuer), der Staat (Steuern) profitieren. Du vergisst, dass alle an einer Prostituierten verdienen, sie ausnutzen.

 

Wer hat am wenigsten davon? Die Prostituierte. Die kriegt den geringsten Anteil am Geld, alle verdienen an ihr, alle haben was von ihr (Sex, Geld, befriedigte Machtgeilheit), aber was hat sie? Eine Posttraumatische Belastungsstörung, eine Substanzsucht und jede Menge Einsamkeit und Selbsthass. Das alles kommt von der gesellschaftlichen Diskriminierung, ja?

 

Ich hab die Schnauze voll von euch prostitutionsfremden ProstitutionsbefürworterInnen, die ihr mir erzählen wollt, dass Prostitution ein Beruf wie jeder andere ist. Ich hab keinen Bock mehr auf euch, die ihr allen hier das Märchen von der ach so tollen freiwilligen Prostitution erzählen wollt. Ihr, die ihr keine Ahnung von Prostitution habt.

 

Ich ertrage das nicht mehr, dass ihr so tut, als würdet ihr für ALLE Prostituierten sprechen. Ihr seid eine Minderheit in der Prostitution. Ihr beschreibt eine Realität, die so nicht stattfindet. Ihr sprecht Opfern von Gewalt das Opferdasein ab und legt ihnen nahe, sich darüber auch noch zu freuen, weil ja alles so toll ist. Ihr macht die MEHRHEIT der Prostituierten mundtot.

 

Ihr wollt für alle sprechen? Ihr sprecht NICHT für mich und für keine Prostituierte, die ich kenne. Ihr nutzt den Umstand, dass die meisten Prostituierten einfach zu beschäftigt sind mit Überleben, zu traumatisiert, um zu sprechen. Ich spreche euch ab, für alle Prostituierten zu sprechen, weil ihr die, die diese Gewalt benennen könnten, mundtot macht, ihr Schweigen nutzt und sie einfach nicht erwähnt und sie damit erneut zu Opfern macht.

 

Wenn ihr sagt, „es sollen doch alle machen können, was sie wollen“, dann meint ihr doch in Wirklichkeit nur, dass die Freier und die Zuhälter, die hinter euch stehen, machen können sollen, was sie wollen. Und nicht die Prostituierten(...)“

 

Ohne Gruß,

Huschke Mau, huschke.mau@web.de

 

Huschke Mau hat diesen Brief an die Feministische Partei geschickt, weil sie die einzige Partei Deutschlands ist, die für ein Sexkaufverbot und eine Freierbestrafung nach schwedischem Modell eintritt.“

 

Diese Frau hat Mut!! Meinen Respekt!!

 

Bitte gebt diesen Brief weiter an FreundInnen u. Bekannte, veröffentlicht ihn in euren Blogs. Besonders lesenswert für die Menschen, die immer noch glauben, alles sei so toll in der Prostitution.

 

Inzwischen hat Huschke Mau eine Webseite u. ein Buch ("Entmenschlicht") veröffentlicht. Hier zu finden:

https://huschkemau.de/

https://huschkemau.de/ueber-mich/

https://www.lovelybooks.de/autor/Huschke-Mau/Entmenschlicht-3474261893-w/

 

Euch alles Liebe

Violine