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Obdachlosigkeit - Frauen auf der Strasse

Hallo Ihr Lieben!

 

Soweit ich es mitbekommen habe, soll es in der EU bis 2030 keine Obdachlosigkeit mehr geben. Immerhin ein Ziel, was angestrebt wird. Das Zauberwort heißt „Housing First“.

 

Aber mal von Anfang an...

 

Es gibt viele Menschen die auf der Straße leben u. jeden Tag ums Überleben kämpfen. Die keinen haben, die sich um sie sorgen, die mal nachfragen wie es ihnen geht. Die in ihrem Leid, ihrem Elend, ihren Schmerzen u. der Angst - in den meisten Fällen - völlig allein gelassen sind.

 

Über diese u. besonders über obdachlose Frauen möchte ich mal schreiben. Dazu erst einmal ein Artikel aus der Süddeutschen:

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wohnungslosigkeit-alles-voll-1.2280506

 

Auszug:

„Immer mehr Menschen in Deutschland haben keine Bleibe, weil Wohnraum knapper und teurer wird. Momentan sind bundesweit etwa 280 000 Menschen ohne Wohnung. Bis 2016 soll diese Zahl noch mal um 100 000 ansteigen. Auch zunehmend junge Leute sind betroffen.

 

Die Zahl der Wohnungslosen nimmt zu, weil Wohnraum immer knapper und teurer wird. Nicht nur in den Großstädten, sondern auch in Klein- und Mittelstädten fehlt es an preiswerten, kleinen Wohnungen. Vor allem Hartz-IV-Empfängern würden die hohen Mieten wegen der Mietobergrenzen zusetzen - werde die Mieterhöhung vom Job-Center als nicht angemessen eingestuft, müsse sie der Arbeitslose aus eigener Tasche zahlen. Oder sich eine neue, günstigere Wohnung suchen.

 

"Es kommen mittlerweile immer mehr zu uns, die erst vor Kurzem wohnungslos geworden sind, also nicht nur die typischen Obdachlosen mit Rauschebart, die man sich gemeinhin so vorstellt", sagt Franz Herzog (...)Zunehmend junge Leute seien dabei, die noch während der Ausbildung ihre Wohnung verloren haben oder arbeitslos und damit auch wohnungslos geworden sind.“

 

Die Wohnungslage hat sich sehr verschlechtert, doch oft sind es einschneidende Ereignisse, die Menschen aus der Bahn werfen. Beginnend bei Jobverlust, Hartz IV, Schulden, Scheidung, Gewalt in der Familie (bei Frauen) u. damit einhergehend Flucht vor den schlagenden Männern u. als Steigerung dann Alkohol- u. Drogenabhängigkeit.

 

Frauen sind auf der Straße bedrohter als Männer. Weshalb sie sich auch von Gruppen fernhalten u. sich oft verstecken. Manchmal versuchen sie bei Bekannten unterzukommen, allerdings endet das meist damit, dass sie dafür ihren Körper her geben müssen. Sex für eine Übernachtung im Warmen. Männer müssen nicht mit Sex bezahlen, höchstens mit ein paar Bierflaschen oder Geld für den nächsten Schuss.

 

Noch mehr zum Thema:

https://sz-magazin.sueddeutsche.de/frauen/auf-der-strasse-76024

 

Auszug:

„Es gibt viele Wege in die Obdachlosigkeit, doch meistens sind es diese: Die Frauen haben Schulden, weil sie die Miete nicht mehr bezahlen können; sie sind psychisch krank, alkohol- oder drogensüchtig; sie fliehen vor ihren Vätern oder Männern, die sie schlagen und missbrauchen. Es gibt keine offizielle Erhebung darüber, wie viele Menschen in Deutschland obdachlos sind. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Wohnungslosenhilfe (BAG W) kam bei ihrer letzten Schätzung 2006 auf zirka 254000. Und seit einigen Jahren trifft es immer mehr Frauen. Mitte der Neunzigerjahre waren nach Schätzung der BAG W zwölf bis 15 Prozent der Obdachlosen Frauen, heute sind es 25 Prozent.

 

Das heißt, sie kommen kurzfristig bei Bekannten unter – oftmals gegen sexuelle Dienste – und achten noch mehr als Männer darauf, dass man ihnen die Obdachlosigkeit nicht ansieht. Weil sie schwächer sind, fürchten sie, von betrunkenen männlichen Obdachlosen unter der Brücke oder in Notunterkünften geschlagen und vergewaltigt zu werden. Man sieht sie selten in den Gruppen, die auf Parkbänken sitzen – obdachlose Frauen sind Einzelgängerinnen. „

 

Die meisten Unterkünfte sind nur für Männer, nicht für Frauen. Das musste ich auch mal feststellen als ich einen Monat obdachlos war. Kein Platz für Frauen. Mein Glück, dass ich Freundinnen hatte, die mich vorläufig aufnahmen. Diese Möglichkeit haben die meisten obdachlosen Frauen eben nicht.

 

Bei 26% Frauen die auf Deutschlands Straßen leben ist das nicht nur ein Armutszeugnis der Städte sondern ein Drama für die Frauen selber. Sie werden meist nicht wahrgenommen. Schutzlos, mittellos, bedroht. Kein Wunder dass viele dieser Frauen psychisch krank werden.

 

http://www.aktion-obdachlosenhilfe.de/obdachlose-Frauen.htm

(Leider ist dieser Artikel nicht mehr auffindbar)

Auszug: „Neun von zehn obdachlosen Frauen haben laut einer aktuellen Studie sexuelle Gewalt am eigenen Leib erlebt. Gerade deshalb ist es wichtig, mehr Unterkünfte für sie zu schaffen. Brutale Angriffe auf obdachlose Frauen zeigen, wie gefährlich wohnungslose Frauen auf Deutschlands Straßen leben.

 

Es sind Einzelschicksale, aber keine Einzelfälle. Von den Wohnungslosen sind 26 % Frauen und 64 % Männer. Das Durchschnittsalter unter Obdachlosen liegt bei 38 Jahren. Experten gehen davon aus, dass überproportional viele obdachlose Frauen psychisch krank sind. "Sie sind obdachlos, weil sie psychisch krank sind. Oder sie sind psychisch krank, weil sie obdachlos sind".

 

Im letzten Artikel erzählt eine betroffene Frau, die über 4 Jahre auf Platte war, von ihrem Leben. Ein sehr eindrücklicher Artikel finde ich:

https://www.tagesspiegel.de/berlin/ein-leben-auf-den-strassen-von-berlin-6878932.html

 

Auszug:

„Irgendwann wurde Frau Christiansen dann angezündet. Sie hat sich umgedreht und gesehen, dass ihre Wolldecke, die sie wie ein Cape um sich gewickelt hatte, brannte. Sie hat die Decke auf den Boden geworfen und die Flammen ausgetreten. Dann hat sie die Decke in einen Mülleimer gestopft und ist schnell weitergegangen. Sie war zu einer geworden, die angezündet wird wie herumliegender Abfall und auch so betrachtet wird, es habe jedenfalls niemand geholfen, sagt Frau Christiansen. Aber so einen Beleg hat sie gar nicht mehr gebraucht. Sie wusste am ersten Tag, dass sie nun raus ist. „Dass man eine Person darstellt, die nicht in die Gesellschaft passt“, sagt sie.

 

Obdachlosigkeit. Oft nur wahrgenommen als Männerproblem, was Gründe hat. Obdachlose Frauen sind fast immer unsichtbar. Das ist ihr Schutz, aber auch ihr Verhängnis.“

 

Wir haben keine Zeit mehr hinzugucken.

Wir übersehen diese Randfiguren der Gesellschaft.

Wir sprechen auch nicht mit ihnen.

Geht uns nichts an. Die sind meist betrunken. Selber schuld.

 

Das sind in etwa die Ansagen die kursieren, wenn man denn doch mal drüber spricht. Also nicht mit den Frauen sprechen, sondern nur über sie, das ist so üblich. Nun, es wird Zeit die Augen zu öffnen u. Anteil zu nehmen.

 

Kein Mensch „wählt“ Obdachlosigkeit als Lebensform. Es ist eine Notlage, die jede/n von uns zu allen Zeiten auch treffen kann. Deshalb sollten wir nicht herablassend oder verächtlich mit Menschen umspringen, die am Rand sitzen u. jeden Tag ums Überleben kämpfen.

 

Wo gibts Unterstützung?

Es gibt das Homeless Netzwerk mit Hilfsangeboten für obdachlose Frauen / Frauen die in Not sind: https://www.homeless-online.de/

 

Zum Weihnachts Wochenende - passend zum Thema - möchte ich euch mal einige Zeitungen vorstellen, die von Obdachlosen, von Obdachlosigkeit bedrohten Menschen u. Menschen, die von Bürgergeld oder ner mickrigen Rente leben, verkauft werden:

 

Nach Bundesländern:

Berlin u. Brandenburg 

https://www.strassenfeger.org/

 

Dresden

https://www.drobs-strassenzeitung.de/

 

Freiburg

https://www.frei-e-buerger.de/

 

Stuttgart u. Umgebung

https://www.trott-war.de/

 

Leipzig

https://www.kippe-leipzig.de/

 

Niedersachsen

https://www.asphalt-magazin.de/

 

NRW

https://www.fiftyfifty-galerie.de/

 

Hamburg

https://www.hinzundkunzt.de/das-magazin/fakten/

 

Kassel u. Göttingen

https://www.tagessatz.de/

 

Zeitungsverkauf als Hilfe zur Selbsthilfe. Unterstützenswert u. lesenswert.

Ich unterstütze das gerne!

 

Euch ein ruhiges u. friedliches Wochenende

u. Kraft u. liebe Grüße zum neuen Jahr

Violine

 

 

Nachtrag: Ich hab da noch was entdeckt von Sibylle Berg, was ich gerne noch nachschieben möchte:

https://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/sibylle-berg-ueber-gute-vorsaetze-a-1009992.html

 

Auszug:

Ich bin die Stimme zwischen den Jahren. Die Kraulerin Ihres mit Gänsebraten vollgestopften Bauches. Ich bin die Botschafterin in der Dunkelheit der vollgefressenen Tage, die Schlichterin des Familienkollers, mein Indianer-Name ist: Die, die das Fenster aufreißt und den Baum auf die Straße wirft.

Es ist nicht das Jahr, es ist das Leben. Es ist nicht zu Ende, es fängt jetzt an, wird alles wieder heller und wärmer.

 

Es soll alles gut werden. Für uns alle. Das war das Wort zum Sonntag. Für dieses Jahr verabschiede ich mich, ich umarme Sie, auch wenn Sie sich wehren.“